Titelbild: cc by Alessio Soggetti auf Unsplash
Es gibt drei Kontaktpunkte zwischen Fahrer:in und Fahrrad: Pedale, Sattel und Lenker. Letzterer hat großen Einfluss auf den Komfort. Daher gibt es eine Reihe von Varianten und Größen zur Auswahl. Den passenden Lenker für Sie und Ihren Fahrstil zu finden ist schon die halbe Miete. Doch die richtigen Einstellungen erhöhen den Fahrspaß wiederum und setzen so der Sahnehaube die Kirsche auf. Warum die Wahl des Rennrad Lenkers so wichtig ist, welche Modelle es gibt und inwiefern sie sich unterscheiden, erfahren Sie in diesem Ratgeber.
Warum ist die richtige Wahl des Rennrad-Lenkers wichtig?
Beim Fahren mit dem Rennrad ist die Geschwindigkeit und damit also die Performance natürlich ein wichtiger Faktor. Doch gleichzeitig sollen auch der Fahrkomfort und die Ergonomie nicht leiden. Während langer Touren liegen Ihre Hände oft über viele Stunden auf dem Lenker. Um effektiv Kraft zu sparen, Ressourcen zu schonen und während der gesamten Fahrt hohen Komfort zu genießen, ist die Auswahl des passenden Rennrad Lenkers von entscheidender Bedeutung. Denn nicht nur die Hände der Radsportler sind unterschiedlich, sondern auch das individuelle Griffgefühl und persönliche Präferenzen für die Lenkerform.
Wesentliche Kenngrößen eines Rennrad-Lenkers
Bei der Wahl des Rennrad Lenkers gibt es einige signifikante Kenngrößen zu beachten. Diese sind in englischer Sprache auf dem Lenker vermerkt und heißen wie folgt:
- Width: Die Lenkerbreite wird in mm angegeben und von Rohrmitte zu Rohrmitte gemessen. Sie sollte außerdem zur Schulterbreite des Fahrenden passen. Schmalere Lenker verbessern die Aerodynamik, während breitere Lenker für mehr Kontrolle abseits der Straße sorgen.
- Drop: Die Lenkerhöhe ist das senkrechte Maß von Ober- zu Unterlenker und wird ebenfalls in mm von Rohrmitte zu Rohrmitte gemessen. Ein größerer Drop sorgt dafür, dass der Oberkörper beim Fahren im Unterlenker umso tiefer kommt.
- Reach: Der Reach bezeichnet die Lenkertiefe bzw. die Vorbiegung in mm. Also den Abstand von der Mitte des Oberlenkers bis zum vordersten Punkt des Lenkerbogens. Je größer der Reach, desto gestreckter ist die Sitzposition beim Greifen der Brems- und Schaltgriffe.
- Rise: Hat der Lenker einen kleinen Versatz nach oben, geht also von der Klemmstelle am Vorbau nicht waagerecht ab, dann hat er einen Rise. Damit lässt sich die Sitzposition aufrechter und angenehmer gestalten.
- Backsweep: Von einem Backsweep spricht man, wenn der Oberlenker nicht gerade ist, sondern sich auf beiden Seiten leicht nach hinten – Richtung Sattel – biegt. Dieses Feature kommt nicht häufig vor und ist auch nur sehr gering ausgeprägt.
- Flare: Von einem Flare ist die Rede, wenn der Unterlenker breiter ausgestellt ist als der Oberlenker. Die Differenz variiert von wenigen Millimetern zu mehreren Zentimetern. Dieses Feature ist besonders oft bei Gravel-Bikes und beim Bikepacking zu finden und bietet mehr Kontrolle auf ruppigen Untergründen.
[Infografik zur Veranschaulichung der verschiedenen Kenngrößen an einem Rennradlenker]
Grundformen des Rennrad Lenkers
Der Körperbau eines jeden Radsportlers unterscheidet sich von anderen ebenso wie die persönlichen Vorlieben und der Fahrstil. Entsprechend ist die Wahl des passenden Rennrad Lenkers essenziell. Es verwundert also nicht, dass serienmäßig verbaute Lenker oft nicht passen. Entsprechend besteht Optimierungsbedarf.
Im Grunde gibt es drei unterschiedliche Lenkerformen: Classic, Anatomic und Ergo. Die Lenkerform hat zum einen Einfluss auf das Greifgefühl bei der Fahrt im Unterlenker und zum anderen auf die Position der Bremsschalthebel. Im Folgenden nehmen wir die verschiedenen Grundformen genauer unter die Lupe.
[Infografik mit allen drei Grundformen im Vergleich nebeneinander]
Classic
Die Classic Form findet meist bei klassischen Rennrädern Einsatz, darunter zum Beispiel Retro- und Stahlrennräder. Doch auch Radprofis verwenden diese Art von Lenker gerne. Sie ist klassisch geformt, komplett rund und weist einen tiefen Drop sowie einen langen Reach auf. Dadurch ergibt sich eine gestreckte und niedrige Sitzposition, was perfekt für Radrennen ist, da die Wirbelsäule flexibel bleibt.
Anatomic
Der Anatomic Lenker auf der anderen Seite ist nicht rund. Er bietet in Unterlenkerposition ein Stück Rohr, das sich im Idealfall perfekt an Ihre Hand anpasst. Das kann Ermüdungserscheinungen vorbeugen.
Ergo
Der ergonomisch geformte Lenker, auch bekannt als kompakte Lenkerform, wird bei einem Großteil der neuen Rennräder verbaut. Er hat einen kurzen Reach und flachen Drop, häufig mit einem zum Unterlenker hin flacher werdenden Radius kombiniert.
[ggf. Erläuterungen zu den Lenkerformen in Form einer Tabelle]
Lenkerarten für verschiedene Rennradtypen
Da wir nun einen Überblick über die Grundformen des Rennrad Lenkers geschaffen haben, schauen wir uns an, welche Lenkerarten sich für welche Rennradtypen eignen.
Race
Für Rennräder der Kategorie Race kommen grundsätzlich alle drei Lenkerformen in Frage. Meist werden allerdings die Classic oder Anatomic Lenker verbaut. Grund dafür ist, dass hier in der Regel in der Unterlenkerposition gefahren wird.
Aero
Da an vielen Aero Rennrädern der Oberlenker aerodynamisch abgeflacht ist, sind im Unterlenker ebenfalls alle drei Grundformen möglich. Am häufigsten wird jedoch die Anatomic Form verbaut, da auch hier viel und lange in der Unterlenkerposition gefahren wird. Der Fokus liegt auf Aerodynamik und Ergonomie.
Tour/Endurance
Rennräder dieser Kategorie werden meist mit einem Ergo oder Anatomic Lenker ausgestattet. Hier steht der Komfort im Vordergrund, da Fahrer:innen nicht selten mehrere Kilometer im Sattel sitzen. Zudem sind die Lenker oft mit weiteren Komfortmerkmalen ausgestattet, darunter beispielsweise mit geringem Drop und Reach.
Gravel/Cyclocross
Lenker dieser Kategorie unterscheiden sich in ihrer Form erheblich von den anderen Rennradlenkern. Sie sind im Unterlenkerbereich weit ausgestellt und werden immer öfter eingesetzt, da sie mehr Bewegungsfreiheit für die Beine im Geländeeinsatz und einen bessere Kontrolle beim Lenken bieten.
[Infografik oder Tabelle mit geeigneten Lenkerarten je nach Rennradtyp]
Rennrad Lenkermaterial: Aluminium oder Carbon?
Bei der Wahl des richtigen Rennrad Lenkers spielen sowohl das Budget als auch das Material eine entscheidende Rolle. Mit einer Preisspanne von etwa 15 Euro für einfache Aluminiummodelle bis zu beeindruckenden 300 Euro oder mehr für aufwändig geformte Carbonlenker ist die Auswahl vielfältig. Die Wahl des Materials beeinflusst sowohl das Fahrerlebnis als auch den Preis. Die Entscheidung sollte also wohl überlegt getroffen werden.
Aluminiumlenker
Der Aluminiumlenker auf der einen Seite erweist sich als schraubenfreundlich und weniger empfindlich gegenüber falschen Drehmomenten. Zudem gibt es kaum eine Gewichtsbeschränkung. Doch zu berücksichtigen gilt auch, dass ein Austausch nach einem Sturz oft unumgänglich ist.
Vorteile |
Nachteile |
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Carbonlenker
Carbonlenker auf der anderen Seite bieten neben dem geringeren Gewicht einen flexibleren Charakter, der den Fahrkomfort spürbar verbessert. Darüber hinaus ermöglicht die Verwendung von Carbon komplexe Formen, was ideal für hochwertige Rennräder im Aero Bereich und die geschickte Integration von Schalt- und Bremszügen ist. Allerdings erfordern Carbonlenker mehr Erfahrung bei der Montage und das passende Werkzeug, da sie anfälliger für Beschädigungen sind und teurer im Ersatz.
Einen Lenker aus Carbon können wir nur dann empfehlen, wenn Sie sich der richtigen Form vollkommen sicher sind, ausreichende Montageerfahrung besitzen und bereit sind, für einen kleinen Gewichtsvorteil etwas tiefer in die Tasche zu greifen.
Vorteile |
Nachteile |
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Rennrad Lenker richtig einstellen
Der Lenker muss nicht nur richtig ausgewählt, sondern auch montiert und eingestellt werden. Mit überschaubarem Aufwand und geringen Kosten können Sie so starke Veränderungen in der Sitzposition herbeiführen. Eingestellt werden können Lenkerbreite, -höhe und -neigung sowie die Brems- und Schaltgriffe.
Die richtige Lenkerbreite ermitteln
Ein zu schmaler Lenker schränkt Sie bei der Atmung ein und lässt die Lenkung nervöser reagieren. Ein zu breiter Lenker wiederum macht das Rennrad unhandlich und verschlechtert die Aerodynamik. <&p>
Die richtige Lenkerbreite richtet sich immer nach der eigenen Schulterbreite. Messen Sie daher mit locker hängenden Armen das Maß zwischen beiden ertastbaren Schultergelenkspunkten. Das funktioniert am besten mit einer weiteren Person.
[Infografik, die das Verhältnis der Lenkerbreite zur Schulterbreite veranschaulicht]
Bei neuen Rennrädern orientiert sich die Lenkerbreite an der Rahmengröße:
- Kleiner Rahmen: schmaler Lenker, meist 400 mm Breite
- Mittlerer Rahmen: mittlerer Lenker, meist 420 mm Breite
- Großer Rahmen: breiter Lenker, meist 440 mm Breite
Abweichungen nach oben oder unten sind allerdings möglich.
Lenkerhöhe und -neigung
Bei der Erstmontage eines neuen Lenkers empfiehlt sich die halbfeste Vormontage ohne Lenkerband. Anschließend sollten Sie die Ergonomie im Stand überprüfen. Der Lenker verfügt in der Regel über eine aufgedruckte Skala am vorderen Lenkerbogen. Danach können die beiden STI-Hebel exakt gleich eingestellt werden. In diesem Bereich ist der Lenker auch häufig aufgeraut. Damit soll ein Verdrehen der Hebel nach der Montage vermieden werden. Folgen Sie bei der Montage und Einstellung einfach den folgenden Schritten:
- Montieren
- Probesitzen
- Nachjustieren, bis der Lenker die gewünschte Position erreicht hat
- Schraubverbindungen mit richtigem Drehmoment anziehen
- Lenkerband wickeln
Brems- und Schaltgriffe
Neben der Grundform haben auch die Brems- und Schaltgriffe, beim Rennrad STI (Shimano Total Integration) genannt, einen großen Einfluss auf die Ergonomie. Während früher nur die Bremsgriffe am Lenker verbaut waren und die Schaltgriffe meist rahmenfest am Unterrohr, sind heute Schaltung und Bremse in einem Kombihebel vereint.
Damit Sie Griffbeschwerden vermeiden können, sollte die Position der Hebel am Lenker einige Vorgaben erfüllen:
- Optimale Höhe des Lenkers, um eine bequeme Handhaltung zu gewährleisten
- Optimale Höhe des STI-Hebels, um harmonischen Übergang zum Lenker und bequeme Handhaltung zu gewährleisten
- Beide STI-Hebel gleich eingestellt, um eine gerade Sitzposition zu gewährleisten und Beschwerden zu vermeiden
[Bild von Händen an einem Rennradlenker, die Brems- und Schaltgriffe greifen]
Tipps für die Auswahl des passenden Rennrad Lenkers
- Schmalere Lenker verbessern die Aerodynamik
- Breitere Lenker sorgen für mehr Kontrolle abseits der Straße
- Die Classic Grundform hat einen tiefen Drop und einen langen Reach, wodurch sich eine gestreckte Sitzposition ergibt
- Den einen perfekten Lenker gibt es nicht – es kommt vielmehr auf die persönlichen Präferenzen, den Körperbau und den Fahrstil an
- Aluminiumlenker sind günstiger und weniger empfindlich gegenüber falschen Drehmomenten
- Carbonlenker auf der anderen Seite sind leichter, flexibler und verbessern den Fahrkomfort
- Die richtige Einstellung des Lenkers ist ebenso wichtig wie die Wahl des passenden Lenkers – berücksichtigen Sie dabei die Lenkerbreite, Lenkerhöhe- und -neigung sowie Brems- und Schaltgriffe